6.2 Temperaturbedingungen

Aus Biostudies
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Es werden vier Temperaturtypen unterschieden,

  • Kryophile (syn. Psychrophile),
    • Minimum bei 0 °C
    • Optimum bei 10 – 12 °C
    • Maximum bei 20 °C
  • Mesophile,
    • Minimum bei 15 °C
    • Optimum bei 30 – 40 °C
    • Maximum bei 50 °C
Als Faustregel für das Optimum Mesophiler gilt, daß in Säugetieren lebende parasitische oder kommensale Mikroben (z. B. E. coli, Milchsäurbakterien, etc.) ein Optimum haben, daß eher bei 40 °C liegt, Boden- und Luftkeimorganismen (z. B. Micrococcus, Bacillus, Pseudomonaden, etc.) eher ein Optimum bei 30 °C.
  • Thermophile und
    • Minimum bei 40 °C
    • Optimum bei 60 – 65 °C
    • Maximum bei 70 – 75 °C
Wichtige Vertreter der Thermophilen sind z. B. Bacillus stearothermophilus, Streptomyceten, Blaualgen, etc.
  • extrem Thermophile.
Extrem Thermophile haben i. d. R. ein Temperaturoptimum von 70 – 90 °C, einige Wenige (z. B. Pyrodictum) können jedoch selbst Temperaturen von bis zu 115 °C aushalten, ohne Sporen bilden zu müssen. Diese Mikroorganismen gehören zu den Archaebakterien. Sie sind die Vorläufer der echten Bakterien und Eukaryonten und haben sich vermutlich bis heute erhalten, da sie die Nischen der extremen Lebensräume wie z. B. extrem heiße (beispielsweise Geysire oder sog. Black Smoker in der Tiefsee) (z. B. Pyrodictum, Thermoplasma), sehr saure Milieus (pH 0 – 1) (z. B. Sulfolobus) oder solche mit besonders hohen Salzgehalten (c(NaCl) > 36 %) besiedeln.

Mikroorganismen. Abb. 34 zeigt die physiologische Potenz der unterschiedlichen Temperaturtypen.

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Abb. 34: Mikroorganismische Temperaturtypen

Aus ihr geht hervor, daß sich die Verdopplungsrate mit steigender Temperatur erhöht bzw. die Generationsdauer verkürzt. Diese Erkenntnis ist die Grundlage der sog. RGT-Regel, die besagt, daß bei einer Erhöhung der Temperatur (T) um 10 °C sich die Reaktionsgeschwindigkeit (RG) der Stoffwechselreaktionen um das 2 – 3fache erhöht. Aufgrund biophysikalischer Eigenschaften der biologischen Moleküle trifft dies hier jedoch nicht exakt zu. (Mit zunehmender Temperatur denaturieren beispielsweise zusehends mehr Proteine irreversibel.)

Das Temperaturminimum ergibt sich aus derjenigen Temperatur, die mindestens notwendig ist, damit die lebenswichtigen Stoffwechselreaktionen ablaufen können. Die Aktivierungsenergie für den Ablauf dieser Reaktionen stammt aus der kinetischen Energie[1] der ausreichend schnellen Eduktmoleküle, wenn diese zusammenstoßen. Bei niedriger Temperatur sind die meisten Eduktteilchen aber zu langsam (energiearm). Im organismisch betriebenen Stoffwechsel (Anabolismus oder Katabolismus) setzen Enzyme die erforderliche Aktivierungsenergie herab, so daß diese von weitaus mehr Teilchen aufgebracht werden kann. Unterhalb des Temperaturminimums können aber die Eduktteilchen selbst diese verminderte Aktivierungsenergie nicht mehr aufbringen.

Jedes Stoffwechselenzym hat sein eigenes Temperaturoptimum. Das Temperaturoptimum der jeweiligen Mikroorganismen entspricht daher der Temperatur, bei der die meisten, insbes. die lebensnotwendigen, Enzyme noch sehr gut arbeiten.

Bei relativ hohen Temperaturen kommt es zur Denaturierung von Zellproteinen, d. h. diese werden in zufälliger Weise entknäuelt. Sie verlieren dadurch ihre biologische Funktion. Ab einer bestimmten Temperatur ist dieser Vorgang irreversibel. Dann sind die Proteine, v. a. die essentiellen Enzyme sowie die Membranproteine, nicht mehr funktionsfähig. Das Temperaturmaximum ergibt sich also aus der Temperatur, bei der diese Proteine noch nicht denaturieren.


[1]: Jedes Molekül besitzt eine bestimmte Bewegungsenergiemenge (kinetische Energie), die mit zunehmender Temperatur steigt. Umgekehrt ergibt sich, daß die Temperatur die mittlere kinetische Energie aller Teilchen eines Körpers ist.